Gewonnen! – den Prozess der Sängerknaben gegen mich – eine (fast) unendliche Geschichte | Wien 12.12.2012

Dass man als Fotograf manchmal von Polizisten an seiner Arbeit gehindert wird, das habe ich schon einmal thematisiert – das beste Beispiel ist die Räumung des Lobmyer Hofes. Dass übereifrige Polizisten gerne Verwaltungsstrafen produzieren ebenso. Dass man sich dadurch nicht einschüchtern lassen soll, das habe ich zumindest angedeutet und nachdem das Bezirksgericht Leopoldstadt vor ein paar Tagen eine Klage der Wiener Sängerknaben wegen Besitzstörung gegen mich abgelehnt hat, fühle ich mich darin bestätigt.

Die Vorgeschichte

Am 03.08.2010 wird das Baugelände am sog. Augartenspitz im zweiten Bezirk von der Polizei geräumt. Der bereits abgeriegelte Bereich wird um ein Vielfaches vergrößert. Der Großteil der Bäume wird schnellstmöglich umgeschnitten, einige verpflanzt. Ob die Sicherheit der AktivistInnen, die sich noch auf den Bäumen befanden, immer gewährleistet war, sei dahingestellt, …

… dass ich bei meiner Arbeit als Pressefotograf durch Securities gehindert werde, das ist  jedoch evident und nachweisbar. 

Einige AktivistInnen harren noch lange auf den Bäumen aus, dies trotz klirrender Kälte, weshalb ich tief in der Nacht nochmals vorbei schaue, sind es von meiner Wohnung bis zum Ort des Geschehens doch nur zwei U-Bahn-Stationen.

Vor Ort sind immer noch AktivistInnen. Enormer Frust liegt in der Luft. Es wird diskutiert, ob man die AktivistInnen, die auf den Bäumen ausharren durch andere austauschen soll und wenn ja, wer die Aufgabe übernehmen will und wird. Ich bleibe ob dieser Diskussionen noch ein wenig und packe meine Kamera aus. Ich will einen Blick durch den Bauzaun werfen. In diesem Moment greift eine Hand über meinen Rücken und beginnt an dem Gitter zu rütteln. Ein klares Zeichen für mich – nichts wie weg an einen sicheren Ort des offen und legal zugänglichen Bereichs, schließlich will ich daran nicht beteiligt sein, aber actionreiche Fotos sind so gut wie sicher.

Was in der Folge geschieht: der Zaun wird tatsächlich umgerissen, Menschen betreten das zuvor abgesperrte Gelände, die Polizei kommt, Securities versuchen vor den Augen der Polizei, AktivistInnen vom Gelände zu tragen bzw. zu zerren. Ich fotografiere das Geschehen, stelle die Fotos umgehend ins Web und verfasse einen Beitrag dazu auf meinem Blog (09.03.2010).

In einem Video eines Kamerateams von OKTO, das sehr schnell vor Ort ist, sind Raufereien zwischen Aktivisten und Securities zu sehen. Außerdem ist die Passivität der Polizei (Freund und Helfer?)  klar zu erkennen, siehe von 0:00 – 1:30. Offensichtlich ist übrigens auch, dass die Securities das TV-Team von OKTO bei der Arbeit gestört haben, und, wenn ich meine Bilder richtig interpretiere, so wollten die Securities das Fernsehteam nach Möglichkeit gleich wieder vertreiben.

Die Polizei nimmt schließlich die Daten von vier Personen auf (warum gerade diese vier ist mir noch immer nicht klar), darunter auch meine. Nichts besonderes, das gab’s schon öfter in solchen Situationen.

Die Klage

Das Ganze ist für mich schon fast wieder vergessen, schließlich gibt es in diesem Jahr nicht nur den Schauplatz Augartenspitz sondern auch die Proteste der StudentInnen nach der Audimax-Besetzung, das Parlament, Pressekonferenzen etc. Im Mai 2010 wird die Geschichte jedoch wieder aktuell. Das Bezirksgericht Lepoldstadt schickt mir eine Ladung zu. Die Wiener Sängerknaben, vertreten durch Dr. Clemens Gärner, Rechtsanwalt, Baumannstrasse 4, 1030 Wien, haben gegen mich Klage wegen Besitzstörung erhoben.

Unter Punkt 3.) – Besitzsstörung – erhebt der Anwalt folgende Vorwürfe:

„Am 9.3.2010 gegen 1.15 Uhr hat der Beklagte gemeinsam mit weiteren Personen den Bauzaun, der die Baustelleneinrichtung begrenzt, eingerissen und das Bestandsgrundstück gegen den erklärten Willen der Klägerin und gegen ausdrückliche Anweisungdieses unverzüglich zu verlassen, betreten. Der Beklagte blockierte jede Bemühungen der von der Klägerin beauftragten Personen, den Bauzaun wieder herzustellen, in dem er sich auf diesen stellte bzw. setzte und so die Widerherstellung der Umzäunung verhinderte.

Der Beklagte hat dadurch körperlich in die Sachherrschaft der Klägerin widerrechtlich eingegriffen und sie damit in Ihrem Besitz gestört.

Die Wiederholungsgefahr ist evident, da der Beklagte öffentlich und wiederholt behauptet, die rechtmäßige Ausübung der Bauführungen der Klägerin mit allen Mitteln zu verhindern und zu stören zu wollen.“

Als Beweis wird folgendes angekündigt:

  • im Bestreitfall vorzulegende Videodokumentation
  • Zeuge Gregor FANTONI, pA F FA AUSEC International, 1120 Herthergasse 16/17
  • weitere Beweise vorbehalten.

Seltsam, welche Kunststücke man mir zutraut; zu fotografieren (das wurde sehr wohl registriert) und gleichzeitig mit anderen einen Bauzaun umzuwerfen, obwohl ich mich zu diesem Zeitpunkt klar abseits des Geschehens befinde. Diesen Rückschluss kann man z.B. leicht aus folgendem Foto ziehen.

Zur Bedienung meiner Kamera benötige ich beide Hände. Verfügt Herr Juen über magische Kräfte?

Erst in der Früh befreien einge Bauarbeiter ein Stück Zaun von einem Betonblock:

Freunde aus meinem Umfeld ereifern sich, „Daß andere Leute geklagt werden, ja, aber du bist doch von der Presse.“ Aber es nützt nichts, die Klage ist da, der Streitwert mit 6.000 € festgesetzt. (Bis zu 5.000 € kann man sich vor Gericht selbst verteidigen.)

Also: einen Anwalt finden.

Von mehreren Freunden und Bekannten werde ich auf die Kanzlei Karl & Pepelnik aufmerksam gemacht: Anwalt Harald Karl hat einen der 13 Tierschützer im „Tierschützerprozess“ vertreten. Die Kanzlei vertritt auch die Wagenplätze in Wien, wie auf der Website der Kanzlei nachgelesen werden kann. Und, mir hochsympatisch, die Unterstützung der Forderung eines Bleiberechtes im Rahmen einer Aktion von SOS-Mitmensch 2007 durch diese Kanzlei.

Was mir mein Anwalt Johannes Pepelnik bei einem ersten Treffen klar macht: wie leicht es ist, eine Besitzstörung zu bekommen und wie schwierig, da wieder ‚rauszukommen, und er lässt mir schon vorab eine 9-seitige Erläuterung zu Besitzstörung zukommen.
Eine gut befreundete Juristin warnt am Telefon: „Martin, das ist ein Bezirksgericht, da handeln manche Richter einen Raub im 15 Minuten ab,“ ich soll mir nicht zu viel erwarten.
Weiteres Handicap: ich habe keine Zeugen und muss mich ganz auf die Fotos verlassen, die ich in der Nacht erstellt habe.

Trotzdem, einen Versuch ist es wert. Möglich wäre freilich auch ein „Versäumnisurteil“, d.h. man erscheint nicht zur Verhandlung (verzichtet somit auch auf einen Rechtsanwalt) und bezahlt so nur die Gerichtskosten. Doch warum sollte ich diesen Weg gehen, wenn ich von meiner Unschuld fest überzeugt bin – durch o.g. Versäumnisurteil würde ich mich doch implizit als schuldig bekennen.

Also geht ein erster sog. „Vorbereitender Schriftsatz“ an das Gericht und den Anwalt der Sängerknaben, in der wir u.a. die hier schon erwähnten Argumente vorbringen.

Der Anwalt der Sängerknaben antwortet prompt mit seinem vorbereitenden Schriftsatz. Allerdings in einer Form die ich – vorsichtig formuliert – als „unsanft“ bezeichenen würde. Ein Beispiel:

Zunächst ist auszuführen, daß der Beklagte kein Unbekannter in der Szene ist,“

… steht da.
Mit Verlaub: mit „Szene“ werden schell Drogen und Dealer assoziert.

Interessant: die angekündigte „Videodokumentation“ als Beweis ist verschwunden. Dafür kommt ein weiterer Zeuge hinzu: Helmut HAWLKA, pA AUSEC International, 1120 Wien, Hertergasse 16/17.

Das Verfahren

12. Mai 2010 / 9:30 / Saal G – erster  Gerichtstermin

Erfahrung mit Gerichten und Prozessen habe ich. Den Beginn des Prozesses gegen die Tierschützer beim Landesgericht Wr. Neustadt habe ich als Fotograf besucht. Vor langer Zeit war ich auch beim „Bawag-Prozess“ in Wien. Da wie dort war ich immer als Medienvertreter, nicht als Beklagter. Das ist nun eine neue und – zugegebenermaßen – unangenehme Erfahrung.

Erste Überraschung – und mit dieser beginnt die (fast) unendliche Gerschichte – der Zeuge Hawelka (Geschäftsführer der Fa. AUSEC) erscheint nicht. Die Richterin will das Verfahren eigentlich vertagen, nur mit Mühe gelingt es dem Antwalt der Wr. Sängerknaben, sie dazu zu bewegen zumindest den anwesenden Zeugen Fantoni zu vernehmen.

Was dieser zu Protokoll gibt, ist teilweise nicht beweisbar. „Vermummte Personen“ habe ich auf meinen Fotos keine, und dass ich beim Umwerfen des Zaunes beteiligt gewesen wäre, das kann er weder bestätigen, noch ausschließen. Zitat:

„Beim Niederdrücken des Zaunes habe ich den Angeklagten nicht gesehen“.

Auf Nachfrage meines Anwalts, ob er das TV-Team von OKTO gesehen habe kommt:

„Weiter befragt gebe ich an, dass ich nicht wüsste, dass ein Kamerateam von einem TV-Sender von einem TV-Sender namens Okto dort gewesen wäre. Ob die Security Fotos gemacht hat, kann ich nicht sagen, wir haben zwei Kameras, das ganze war sehr hektisch“

Nun, hektisch war es, aber gefilmt und/oder fotografiert, das wurde – oder zumindest so getan als ob:

Nach der Einvernahme setzt die Richterin einen weiteren Termin fest, den

29.09.2010, 10:00, Saal G

Mehr als fünf Monate sind vergangen, aber ein Ende des Verfahrens ist nicht abzusehen: der Zeuge Hawelka erscheint wieder nicht vor Gericht. Die Richterin verhängt deshalb eine Verwaltungsstrafe von 150 € über diesen. Mein Anwalt und ich übergeben neues Beweismaterial an das Gericht und den Anwalt der Sängerknaben: eine 58-seitige Fotodokumentation insgesamt 116 Bilder, fein säuberlich mit Uhrzeit und Datum versehen. Aufbauend auf Uhrzeit der Fotos lassen sich so Rückschlüsse daraus ziehen, wo ich als Fotograf zu welcher Minute und Sekunde war. Wie schon angedeutet: Fotos im 30-Sekunden-Takt und Umwerfen eines Zaunes schließen sich aus.

Der leichteren Verständlichkeit wegen kommt dazu noch ein Weg-Zeit-Diagramm, das auf dem Plandokument aufsetzt (ein Beweismittel des Anwalts der Wr. Sängerknaben) – eine ausgezeichnete Idee meines Anwalts.

Die Richterin freut das nicht besonders. Sie meint – sinngemäß -, dass das die Sache nur zusätzlich aufbauschen würde. Das findet sich zwar nicht im Protokoll, aber ich habe es vernommen und eine Zuhörerin hat es sich notiert. Im Protokoll der Sitzung liest sich dies folgendermaßen: „BV legt weiters im Konvolut als Beilage ./4 eine Skizze sowie im Konvolut Lichtbilder von dem Vorfallstag zum Beweis dafür vor, daß der Beklagte diesen Zaun nicht umgeschmissen hat, auf dem Zaun auch nicht gestanden ist“

Jedenfalls: Ein weiterer Verhandlungstermin ist notwendig, knapp vor Weihnachten 2010.

20.12.2010, 9:00, Saal G

Erneut gut vorbereitet mache ich mich auf den Weg zum Gericht, aber ein Anruf meines Anwaltes bringt mich dazu umzukehren. Der Zeuge Hawelka hat (soeben) beim Gericht angerufen und bekannt gegeben, dass er krank sei. Was bei einem Arbeitgeber selbstverständich wäre, ist es beim Gericht anscheined nicht: als ich einige Monate später Einsicht in den Akt nehme, finde ich keinen wie auch immer gearteten Nachweis der Erkrankung. Also ist ein weiterer Termin notwendig, festgesetzt wird …

13.04.2011, 9:00, Saal G

Fast ein Jahr ist in der Zwischenzeit vergangen, mein Anwalt hat einen weiteren vorbereitenen Schriftsatz an das Gericht und den Anwalt der Sängerknaben geschickt, in dem klar gestellt wird, dass ich kein Aktivist bin und in dem Widersprüche in den Aussagen des Zeugen Fantoni (12. Mai 2010) herausarbeitet werden.
Doch ein Ende ist nicht abzusehen: der Zeuge Hawelka bleibt erneut und entschuldigt dem Verfahren fern. Auch auf den Rechtsanwalt der Sängerknaben (sonst immer ausgsprochen pünktlich) warten wir vergeblich; dies obwohl der Termin sowohl von der Anwaltskanzlei bestätigt wurde wie auch im Protokoll vermerkt ist.

Die Richterin hat erstaunliche Nachsicht, wie ich finde und wir finden eine neuen Termin, den …

22.06.2011, 10:30, Saal G

Mehr als ein Jahr ist seit Beginn der Klage vorgangen, eine gewisse Routine hat sich eingestellt. Was in der Zwischenzeit gewaltig nervt, ist nicht so sehr die Sorge vor einer Verurteilung, sondern das lange Warten. Seit mehr als einem Jahr stehen Vorwürfe gegen mich im Raum, die ich entkräften kann wie ich meine. Aufgrund der Säumigkeit der klagenden Partei kann ich aber doch nicht.

Diesmal sind glücklicherweise alle, die notwendig sind, anwesend und die Verhandlung kommt zu einem Ende. „Der Zeuge Helmut Hawelka konnte zur Sachverhaltsfindung nur gering Beitrag leisten[…]“ wird die Richterin in ihrer Begründung des Urteils später anführen und dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Schließlich komme auch ich – endlich! – an die Reihe und kann ein Jahr nach Zustellung der Klage schließlich den Verlauf der Nacht so schildern wie ich ihn in Erinnerung habe. (Den Großteil habe ich hier schon am im Anschnitt „Die Vorgeschichte“ erzählt.)
Klarstellen kann ich nun, daß ich kein Aktivist bin, sondern die Auseinadersetzungen seit Beginn fotografisch begleite, beginnend mit einer Pressekonfernez der Wr. Sängerknaben in der das Projekt der Konzerthalle erstmals öffentlich vorgestellt wurde. Und mit nun kann ich mit meinen Bildern erläutern, Rückschlüsse ziehen. Das ewähnte Weg-Zeit-Diagramm ist dabei eine große Hilfe.

Richterin und Anwalt fragen ausführlich nach meinem Presseausweis, wo ich diesen wann getragen hätte. Ich antworte und frage mich, bitte, was tut das zur Sache?

Abschließend kommt der Anwalt der Sängerknaben noch mit einer Überraschung. Er bezweifelt die den Bildern zugeordneten Zeitpunkte und erläutert, dass sich diese mit Hilfe von einfachen Programmen, die im Internet zu finden sind, beliebig ändern lassen. (Die Zeitstempel sind über die Uhr in meiner Kamera automatisch gegeben – regelmäßig durch Verbindung der Kamera mit dem Server von Nikon genau überprüft). Damit, dass Manipulationen möglich sind, hat er recht. Nur: welchen Grund hätte ich gehabt? Und soweit erkennbar beeindruckt der Einspruch des Anwalts die Richterin nicht besonders.

Den Antrag auf weitere Beweise leht die Richterin ab und schließt die Verhandlung. Ein Urteil wird nicht gefällt – dieses wird schriftlich zugestellt. Das Protokoll der Sitzung ist hier zu finden.

Nun beginnt – einmal mehr – eine lange Zeit des Wartens, sodass ich schon mit der Möglichkeit, dass die Akten irgendwo im Bezirksgericht verschlampt wurden, gespielt habe. Aber nein, am …

05.12.2011

fällt die Richterin folgenden Endbeschluß: in dem sie den gesamten Fall noch einmal zusammenfasst und nach Abwägung der Beweislage zu einem Schluss kommt, den man salopp mit „Die Sache ist zu dünn“ zusammen fassen kann. Die Klage der Sängerknaben wird abgewiesen. Zitat aus dem Endbeschluß:

„1. Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei habe die klagende Partei im ruhigen Besitz an ihren Liegenschaften EZ 5061 und EZ 30 KG 01657 Leopoldstadt (Augartenspitz) in 1020 Wien, Obere Augartenstraße 1e dadurch gestört, dass sie sich am 9.3.2010 gegen die ausdrückliche Anordnung die Grundstücke zu verlassen diese unbefugt betreten und unbefugt auf diesen aufgehalten habe, wird abgewiesen.

2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen des Beklagtenvertreters die mit € 750,44 (darin enthalten € 125. – an USt ) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zuersetzen.“

Den Wr. Sängerknaben bleibt eine Frist von 4 Wochen um Einspruch zu erheben, aber werder mein Anwalt noch ich gehen davon aus, dass es dazu kommen wird. Auch die Kosten für meinen Anwalt bekomme ich zurückerstattet (immer unter der Voraussetzung, dass die Wr. Sängerknaben nicht berufen). Was ich jedoch nicht zurück bekomme ist all die Zeit, die zur Erstellung von Beweismitteln aufwenden musste um überzeugen zu können.

Konsequenzen und Schlussfolgerungen

Es gibt zuwenig Richter und Richterinnen, wie die langen Wartezeiten zeigen. Allerdings entstehen diese auch durch Prozesse, die nicht notwendig sind, wie die geschilderte Geschichte zeigt.

Eine genaue Analyse jener Fotos, die ich vor knapp zwei Jahren veröffentlicht habe genügen, um die notwendigen Rückschlüsse zu ziehen, die ich vor Gericht gemacht habe. Ausgehend davon, dass sich Wr. Sängerknaben und Anwalt das Material vorab angeshen haben, muss klar gewesen sein, dass ein Prozeß in meinem Fall nicht so einfach zu gewinnen sein würde.

Deshalb habe ich die Klage von Beginn an als Schikane und Einschüchterungsversuch empfunden. Natürlich ist ein Pressefotograf, der an der Sache dranbleibt nicht angenehm jedoch zu respektieren. Ein Pressefotograf ist auch dann zu respektieren, wenn dieser eine Meinung hat und auch öffentlich kund tut. Ein Gespräch mit einem Vertreter der Sängerknaben hätte genügt, um meine Funktion zu erläutern. Im geschilderten Fall war dies kaum möglich – die regelmäßigen Erklärungen der Form „Sie dürfen hier nicht fotografieren„, „Wenn Sie das veröffentllichen klage ich Sie“ etc. haben dazu beigetragen, dass eine normale Gesprächsbasis nicht aufgebaut werden konnte.

Es lohnt sich, bei Klagen gemeinsam mit einem Anwalt zu prüfen, ob die Chance besteht einen Prozess zu gewinnen, anstatt sich dem Druck des Klägers zu beugen.

Von den Wiener Sängerknaben erwarte ich mir keine Entschuldingung oder etwas ähnliches. Was ich mir jedoch sehr wohl erwarte ist, dass ich bei der Eröffnung der Konzerthalle – einen Pressetermin wird es mit Sicherheit geben – dort fotografieren darf, wie alle anderen Kollegen auch.

Last but not least: ich habe einen tollen Rechtsanwalt gefunden, bei dem ich mich auf diesem Weg nochmals herzlich für die ausgezeichnete Betreuung bedanke. Die Kanzlei Pepelnik & Karl kann ich uneingeschränkt weiter empfehlen.

7 Kommentare

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7 Antworten zu “Gewonnen! – den Prozess der Sängerknaben gegen mich – eine (fast) unendliche Geschichte | Wien 12.12.2012

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  2. Dr. Helmut Hofmann

    Mit einer Besitzstörungsklage geht man üblicherweise gegen eine akute Störung des ruhigen Besitzes vor. Die kurze Verjährungsfrist und die Verfahrensbestimmungen sind auf die rasche Beseitigung eines offensichtlich rechtswidrigen Eingriffs abgestellt. Üblicherweise bietet der Kläger schon in der Klage alle zweckdienlichen Beweismittel an. Eine nachträgliche Nominierung eines Zeugen, der sich mehrmals entschuldigt, deutet darauf hin, dass der Kläger nicht mit einem ihm günstigen Verfahrensergebnis rechnet. Ebenso deutet ein richterliches Verhalten, das nicht auf eine rasche Entscheidung abzielt, auf eine das Klagebegehren ablehnende Einstellung des Gerichts. Für dieses wäre es nicht angenehm, nach Monaten einer Besitzstörungsklage stattgeben zu müssen. Die Vermutung, man wolle die freie Presseberichterstattung durch Klagen in die Schranken weisen, hat viel für sich. Das soll ja auch anderswo vorkommen. Was in unserer rehctsordnung fehlt, ist ein strafbarer Tatbestand des offensichtlichen Missbrauchs von Rechtseinrichtunhgen, mit dem wirtschaftlich Schwächeren.der Zugang zum recht erschwert werden soll.

    • Ja, das ist es, was ich vermisse. Eine Regelung, die Medienvertretern ein Mehr an Möglichkeiten gibt, verbunden mit der Sicherheit nicht gleich mit Strafen rechnen zu müssen. Die Klage durch die Sängerknaben ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Ich bin gestern mal die Beiträge meines Blogs durchgegangen und war selbst erstaunt über die Anzahl von Behinderungen durch Polizei und securities, die ich erwähnt habe. Ich habe insofern noch Glück, da eine große, schwere Kamera einen gewissen Eindruck auf Sicherheitkräfte macht und notfalls habe ich ja noch meinen Presseausweis.

      Zwei Gusto-Stückerl noch von Augartenspitz / Fotografie vs. securities. Da hätten wir

      (a) den securiey, der mir ernsthaft weismachen wollte, daß ich ihn aufgrund des Logos auf seiner Uniform nicht fotografieren dürfe (was nur dann gilt, wenn es ausschließlich um das Logo geht, da dieses urherberrechtlich geschützt ist, und das auch nur dann wenn ich das Foto veröffentliche)

      (b) den security der Fr. Lichtenegger, die für Ihren Artikel für die Grünen Leopoldstadt ein paar Fotos von mir vor der Baustelle gemacht hat, ernsthat erklärt hat, daß sie hier keine Fotos machen dürfe, da die Baustelle im Hintergrund wäre und jene überhaupt nicht fotografiert werden dürfe. – Wir haben uns köstlich amüsiert….

  3. das is natürlich toll, verhinderet aber diesen widerrechtlichen bau trotzdem nicht. ich, wir von der ARENA 2000 / AGORA kennen das bezirksgericht leopoldstadt auch sehr gut. als die VIA DONAU uns wegen räumung und der förderung von 45000 € verklagt hat, hat die 1. richterin, welche wir hatten, die VIA DONAU aufgefordert, die klagsbeauftragung durch die stadt wien und den bund vorzulegen. sie hatte eine solche nicht. später dann wurde die richterin krank und ihre nachfolgerin meinete eine solche nicht zu benötigen. de beugen da gesetze, wies ihnen gefällt. nach 3 jahren prozeß wurden wir voll verurteilt, obgleich die richterin in der letzten verhandlung gesagt hate, die kulturinitiative und die veranstaltiung nicht zerstören zu wollen. wir haben gegen das urteil berufen. das dauerte ein gutes weiteres jahr. das wr. landesgericht (2. instanz) hob das urteil in allen finanzsachen gegen uns auf und verwies es zurück an die 1. instanz mit dem auftrag, einen leistbaren und nachhlatigen zins zu vereinbaren. der räumuingstitel wurde nicht aufgehoben. diesedn haben wir in der 3. instanz bekämpft, aber leioder auch verloren. aber so daten wir, zuerst muß e ein neuer zins ausverhandelt werden, wird also so schnell ncihts passieren. nun aber zeigte die VIA DONAU ihr wahres gesicht. sie waren an einem neuen zins garnicht interessiert, wegräumen wollten sie uns. sie beantragten mitten in unserer veranstaltung einen zwangsräumungstermin und das bezirksgericht ignorierte den nauftrag des berufungsgerichtes und bestätigte diesen. wenn es nach der klägerin gegangen wäre und dem gericht, wären wir mitte september zwangsgeräumt worden. da griff bürgermister dr. michael häupl ein und untersagte als landeshauptmann diese räumung und bestätigte unseren weiteren verbleib an unserem platz und wies auch darauf hin, daß dieser beschluß in übereinstimmung mit der frau bundesminister für verkehr, doris bures, getroffen worden sei.
    und spätestens jetzt wurdew dem gericht, ich kannmas anders ned vorstelln und natürlich der VIA DONAU klar, daß all das, was wir die ganze zeit über mit einer menge an unterlagen vorgebracht hatten, wirklich wahr war und keinen hoffnungsvolle träumerei oder behauptung. wir haben zwar den prozeß nicht gewonnen, trotz der hoffnungsvoll stimmenden aussage der zuständigen richterin und dann anders handeln als angekündigt, aber durch das eingreifen des wr. landeshauptmannes war plötzlich schluß mit streiten, weil die VIA DONAU auf einmal nicht mehr behaupten konnte, beauftragt gewesen zu sein, uns per klage von hier wegzuräumen. in zukunft hoffe ich, daß die VIA DONAU vorsichter sein wird und die richte4r mehr auf argumente hören, die man ihnen auch detailiert vorlegt. ein ruhmesblatt für die justiz ist das ergebnis nun wirklich nicht.

  4. Wolfgang H. Wögerer

    Gratulation!
    &Chapeau.
    lg, [w.]

  5. Pingback: Creative Commons und „politisch verantwortungsbewusste Medienproduktion“ – oder: Was man da eigentlich macht, für wen und warum? | DANIEL WEBER

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