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Endlich! Sängerknaben ziehen Ihre Klage zurück. Aber… | Wien 25.05.2012

Seit dem letzten Beitrag bezüglich Klage der Wr. Sängerknaben gegen mich sind wieder ca. fünf Monate vergangen, wir halten bei einer Verfahrensdauer von rund zwei Jahren, aber am

7. Mai 2012 / 10:50

erreicht mich ein SMS von meinem Rechtsanwalt. „Die Sängerknaben wollen die Klage zurückziehen.“ – Ich (skeptisch): „schön. nur zur sicherheit: die sängerknaben  wollen d. klage fallen lassen (unter bestimmten bedingungen wie z.B. keine mediale berichterstattung) oder werden sie die klage zurückziehen (also bedingungslos)? Reply von meinem Anwalt: „Es gab angeblich ein Gespräch von Ihnen mit den Sängerknaben.“
Während ich noch rätsle, klingelt das Handy. Fr. Hesse von den Wr. Sängerknaben, die meint, dass „wir, obwohl wir in zweiter Instanz gute Chancen gesehen hätten, den Prozess zu gewinnen“, diesen nun beenden. Und: „Das Geld für Ihren Rechtsanwalt bekommen Sie auch zurück.“ Weiters: Ich soll ruhig wieder einmal zu einem Gespräch vorbeischauen und ich soll doch auch einmal Fotos von der Konzerthalle machen.

In den paar Sätzen steckt für die LeserInnen viel Neues, das war es für mich im ersten Moment auch. Aber alles der Reihe nach.

Das Gespräch mit den Sängerknaben

Frau Elke Hesse ist in der Geschäftsführung der Konzertsaal Errichtungs-GmbH tätig – „Business Manager“ steht auf ihrer Karte – und für die Bewerbung des Konzertsaals tätig, der wohl aus PR-technischen Gründen in „Musikzentrum“ umbenannt wurde („Konzertkristall“ ist mit zu vielen negativen Erinnerungen verknüpft). Und  richtig, sie hat mich zu einem Gespräch eingeladen. Ich habe Elke Hesse bei der Veranstaltung „vox augarten – eine momentaufnahme“ kennengelernt, in welcher der Zwischenstand des Konzertkristalls gezeigt wurde.

Diese Einladung habe ich – trotz aller Verwerfungen mit den Sängerknaben – angenommen. Zu einem Gespräch, in dem sie mir ihre Begeisterung für die Sängerknaben vermittelt hat, ich ihr dafür die vielen (medialen) Fehler der Sängerknaben. Zitat meinerseits: „Sie stehen vor einem medialen Scherbenhaufen“. Von der Sinnhaftigkeit der Konzerthalle konnte sie mich zwar nicht überzeugen, aber Klagen gegen Gegner der Konzerthalle seien ihrer Meinung nach auch nicht zielführend, und sie würde sich „darum kümmern“.  Darüber hinaus könnte gerne auf der Baustelle fotografieren, sie würde dies ermöglichen. Danach habe ich nichts mehr von ihr gehört, mich jedoch auch nicht bei ihr gemeldet. Dass die Klage der Sängerkaben zurückgezogen wird, daran habe ich nicht wirklich geglaubt. Wie auch immer, es war angenehm, nicht von Rechtsanwalt zu Rechtsanwalt, sondern von Angesicht zu Angesicht kommunizieren zu können.

Die Sängerknaben haben „gewonnen“

Warum ziehen die Wr. Sängerknaben die Klage jetzt zurück, lange nach dem erwähnten Gespräch vor einigen Monaten? Es gibt eine neue Entscheidung: Das Gericht für Zivilsachen Wien hat das Verfahren an die erste Instanz zurück verwiesen und damit einem der Punkte stattgegeben, die Hr. Gärner, Rechtsanwalt der Wiener Sängerknaben, in seinem Rekursschreiben fordert:

„1.) dem Rekurs Folge geben und den Endbeschluss dahingehend abändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben wird,

in eventu (unter bestimmten Umständen, eventuell; Anmerkung und Hervorhebung durch d. Autor)

den Endbeschluss aufheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverweisen […]“

Der Klage wurde zwar nicht stattgebgeben, aber das „in eventu“ kommt zum Tragen.
Ein netter Etappensieg der Sängerknaben? Als solchen werden die Sängerknaben ihn sicher betrachten. Aber er kommt wahrscheinlich zur falschen Zeit. So dürften bei der Entscheidung, die Klage fallen zu lassen, wohl PR-technische Gründe den Ausschlag gegeben haben. Andernfalls wäre erneut beim Bezirksgericht in der Leopoldstadt verhandelt worden, das Verfahren hätte noch länger gedauert, Medien hätten sich erneut für meinen Fall interessiert (erst vor ein paar Wochen ist eine Zeitung über meinen blog gestolpert). Vielleicht hätten auch Gegner der Konzerthalle neue Munition bekommen, und all das wäre bei der Bewerbung der Konzerthalle mehr als störend gewesen. So hingegen können die Sängerknaben aus der Position des Stärkeren agieren und quasi Gnade vor Recht ergehen lassen. Verfahrens- und Rechtanwaltskosten fallen nicht weiter ins Gewicht. Ein Sponsor, der siebenstellige Beträge für den Bau der Konzerthalle locker macht, wird mit einem vierstelligen Betrag keine Schwierigkeiten haben.

Ende gut – alles gut?

Nein. Sicher nicht. Denn es sind noch zwei Verfahren gegen Aktivisten offen, eines davon resultiert auch aus der Nacht, bei dem der Bauzaum umgerissen wurde.

Beide Beklagten haben in zweiter Instanz verloren, haben sich jedoch entschlossen, die Verfahren beim Europäischen Gerichtshof weiter zu führen. Warum die Sängerknaben diese Klagen nicht einfach fallen lassen, erkläre ich mir folgendermaßen: Die Beklagten haben, im Gegensatz zu mir, der als Pressefotograf einen gewissen Bekanntheitsgrad hat und gute Kontakte zu Journalisten pflegt, kein Sprachrohr. Ich kann meine Anliegen an die Öffentlichkeit tragen. Hier hat sich auch ein medialer Druck auf die Sängerknaben ohne mein Zutun aufgebaut.

Die zwei von den Sängerknaben noch weiterhin Beklagten sind „arme Würstel“  – Zitat einer Betroffenen – , ihnen fehlt der beschriebene Rückhalt. Aber diese Verfahren sind m.E. der Prüfstein dafür, ob die Sängerknaben wirklich einen Schlussstrich (so Fr. Hesse sinngemäß zu mir) ziehen, oder, wie in meinem Fall, aus stategischen Gründen eine Ausnahme machen wollen.

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Der verbliebene Widerstand und der zynische Umgang mit diesem – ein Exkurs in die Bezirkspolitik

An der Konzerthalle wird fleißig gebaut. Viele der AnrainerInnen und GegnerInnen, denen dzt. der Blick auf den Augartenspitz und das Filmarchiv verbaut wird, haben sich mit dieser Tatsache längst abgefunden. Engagierte Personen drängen die Sängerknaben zur Schadensminimierung und verhandeln mit ihnen über die Durchwegung des Augartenspitz, und manche andere sind zutiefst enttäuscht. Geblieben ist ein symbolischer, jedoch unübersehbarer Widerstand beim Eingang zum Filmarchiv in der Oberen Augartenstraße, in Form einiger Zelte mit einem kleinen Spielplatz daneben. Eine völlig legal angemeldete (Dauer)kundgebung.

Doch diesem Widerstand soll es – zumindest nach ÖVP, FPÖ und Teilen der SPÖ – an den Kragen gehen. In der Bezirksvertretungssitzung der Leopoldstadt wurde am 27.03.2012 ein Resolutionsantrag auf „[…]Räumung des Geländes vor dem Augarten[…]“ eingebracht. Das Abstimmungsverhalten ist insofern interessant, als gerade bei der SPÖ, deren Mandatare sonst strikt dem Klubzwang unterliegen, unterschiedlich abgestimmt werden durfte. „Zufällig“ wird der Antrag mit knapper Mehrheit angenommen.
Interessant – und das ist der Grund, warum ich dies überhaupt erwähne – ist die Tatsache, dass damit an einem demokratischen, in der österreichischen Verfassung verankerten Grundrecht gerüttelt wird: an dem Versammlungsgesetz, nach dem Kundgebungen und Demonstrationen angemeldet und durchgeführt werden. Die zuständige Behörde dafür ist in Wien die Bundespolizeidirektion. Um zu diesem Erkenntnis zu kommen, genügt ein Blick auf die website der Wirtschaftskammer, exakte Auskunft gibt das Rechtsinformatinonszentrum des Bundeskanzleramtes. Somit ist der Antrag an die falsche Behörde gerichtet und ist in der Bezirksvertretung falsch am Platz.

Das könnte man einem „einfachen Bezirksrat“ doch nachsehen – oder? In diesem Fall: nein. Denn der Antragsteller Mag. Paul Hefelle ist nicht nur Bezirksrat der ÖVP Leopoldstadt, sondern war Pressesprecher der eheamligen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und ist dzt. politscher Referent des (noch recht frischen) Stadtrates Manfred Juraczka der ÖVP Wien, weshalb man entsprechende Sachkenntnis voraussetzen kann. Daraus lässt sich schließen, dass der ÖVP der Formalfehler voll bewusst war, dass hier auf dem Rücken einer kleinen Gruppe Politik gemacht wird und man dabei nicht davor zurückschreckt, an verfassungsmäßigen Rechten zu rütteln. Und das ist nicht nur dumm, es ist zynisch.
Und mit ziemlicher Sicherheit ist das auch der SPÖ klar, steht ihr doch in juristischen Fragen der Nationalrat und SPÖ-Justizsprecher Johannes Jarolim aus der Leopoldstadt zur Verfügung. Anders lässt sich das ungewöhnliche Abstimmungsverhalten nicht erklären.

Ein verlockendes Angebot

Das Angebot der Wr. Sängerknaben, auf der Baustelle zu fotografieren, besteht. Gut möglich, dass ich einmal darauf zurückkomme. Vorerst genügt es mir vollkommen, von der Straße aus zu fotografieren. Es stehen mir auch die Türen vieler AnrainerInnen offen, von deren Wohnungen man einen tollen Überblick auf die Baustelle hat. Nachdem einige weitere Bäume zugusten einer Baustelle gefällt wurden, hat man nun einen guten Blick darauf. Und die Erklärungen der Securities warum man hier nicht fotografieren dürfe – die Baustelle wird weiterhin  von einer großen Security-Firma bewacht – sind jedesmal aufs Neue amüsant. Eine streng schauende Dame erklärt mir: „Fotografieren ist hier verboten!“ – „Sind Sie sich da wirklich sicher?“ – Nach einer Schrecksekunde schränkt sie ein: „Für Privatpersonen schon.“ – Na, da habe ich ja noch mal Glück gehabt.

Zum Abschluss noch etwas in eigener Sache

Ich bin ein schlechter Selbstvermarkter, aktuelles Beispiel: Meine Austellung „Occupy Augartenspitz“, zu der mich die Grünen Leopoldstadt eingeladen haben, habe ich nicht über meinen Blog beworben. Hiermit gelobe ich Besserung: Der Großteil der Fotos wird ab dem 14. Juni 2012 im Klublokal der Grünen Brigittenau zu sehen sein.

Aktuelle Fotos vom Augartenspitz hier.

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Wozu der Aufwand? – die Wiener Sängerknaben legen Berufung ein | Wien 16.01.2012

Die Zeit rund um Weichnachten und Silvester war als Ruhepause gedacht, davor habe ich noch mit einen paar Freunden bei einer Tasse Kaffee gefeiert, dass die Klage der Wiener Sängerknaben vom Bezirksgericht Leopoldstadt abgewiesen wurde.  Die Akten habe ich im Rahmen des Aufräumens meiner Wohnung schön auf einem neuen Regal abgestellt. Dort sind sie nicht lange geblieben: am 03.01.2012 legen die Sängerknaben Berufung, genauer formuliert, …

Rekurs

gegen den Endbeschluss ein. Knapp vor Ende der Einspruchsfrist. Wozu das Ganze, frage ich mich.

Der „Konzertkristall“, neuerdings auch „Musikzentrum“ genannt, wird gebaut, die Gerichtskosten können die Sängerkaben sicher locker bezahlen und pressetechnisch gesehen ist es m.E. sinvoll(er) die Geschichte zu beenden – interessiert in ein paar Monten doch keinen Menschen mehr. So hingegen bleibt mein „Fall“ im Gespräch und damit auch die umstrittene Konzerthalle.

Eine (mögliche) Motivation

liefert ein Freund in einem email:
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Gewonnen! – den Prozess der Sängerknaben gegen mich – eine (fast) unendliche Geschichte | Wien 12.12.2012

Dass man als Fotograf manchmal von Polizisten an seiner Arbeit gehindert wird, das habe ich schon einmal thematisiert – das beste Beispiel ist die Räumung des Lobmyer Hofes. Dass übereifrige Polizisten gerne Verwaltungsstrafen produzieren ebenso. Dass man sich dadurch nicht einschüchtern lassen soll, das habe ich zumindest angedeutet und nachdem das Bezirksgericht Leopoldstadt vor ein paar Tagen eine Klage der Wiener Sängerknaben wegen Besitzstörung gegen mich abgelehnt hat, fühle ich mich darin bestätigt.

Die Vorgeschichte

Am 03.08.2010 wird das Baugelände am sog. Augartenspitz im zweiten Bezirk von der Polizei geräumt. Der bereits abgeriegelte Bereich wird um ein Vielfaches vergrößert. Der Großteil der Bäume wird schnellstmöglich umgeschnitten, einige verpflanzt. Ob die Sicherheit der AktivistInnen, die sich noch auf den Bäumen befanden, immer gewährleistet war, sei dahingestellt, …

… dass ich bei meiner Arbeit als Pressefotograf durch Securities gehindert werde, das ist  jedoch evident und nachweisbar.  Weiterlesen

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Augartenspitz – „Wenn sich’s zuSpitzt! – Frühstück!“ | Wien 28.07.2010

Die Bauarbeiten für den „Konzertkristall“ der Sängerknaben laufen langsam und still an – siehe dazu auch Blogpost „Die versteckte Baustelle“ und den Gegnern bleibt nichts anderes übrig als dem staubaufwirbelnden Treiben zuzusehen. Auch von einer weiteren Räumung (diesmal geht es um die Zelte, die außerhalb des Baugebietes stehen, den Bau an sich also nicht beeinträchtigen) ist zu hören.

Das „Josefinische Erlustigungskomitee“ (eine der BIs gegen den die Konzerthalle) machen „gute Minne zum Bösen Spiel“ und setzen ein Frühstück an – ganz in barok natürlich.

 © Martin Juen

Auch Bauarbeitern und securities werden zum Frühstück eingeladen – doch diese lehnen dankend ab.

 © Martin Juen

 © Martin Juen

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Augartenspitz – Sängerknaben und die versteckte Baustelle | Wien 14.07.2010

Die Wiener Sängerknaben mit der Einrichtung einer Baustelle auf dem Augartenspitz.  Nun befinden sich ein Bagger und fünf Baucontainer auf dem Gelände – gut versteckt hinter Bäumen die noch stehen. Es bedarf  einen Blicks von oben um zu sehen was vor sich geht. Nur keine Wellen, scheint die Devise zu sein.

 © Martin Juen

Während bei anderen umstrittenen Projekten, wie zum Beispiel die Wohnsammelgarage unter dem Trunnerpark die Bürger per Briefwahl um Ihre Meinung gefragt wurden (über 80 % „Nein“-Stimmen), setzen die Sängerknaben auf Schweigen und Durchziehen des Projektes gegen den Willen der Bevölkerung.

Auf die Anrainer kommen staubige Zeiten zu – das ist bereits jetzt erkennbar.

 © Martin Juen

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Augartenspitz – Kleindemonstration vor dem Amtshaus d. Leopoldstadt | Wien 23.03.2010

© Martin Juen

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Die Aktivisten des Vereins SOS Augarten, eine von mehreren Bürgerinitativen, die sich gegen die Konzerthalle der Wiener Sängerknaben wehren, nehmen die Bezirksvetretungssitzung in der Leopoldstadt zum Anlass für eine Weiterlesen

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Augartenspitz – Trauermarsch zum Wirtschaftsministerium und Begräbnis einer Ulme | Wien 19.03. & 20.03.2010

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Blockade am Augartenspitz | Wien 08.02.2010

© Martin Juen

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Die Wiener Sängerknaben haben für Montag den 08. Februar 2010 die Anlieferung von Baumaterial angekündigt.

Dieses soll für die Ausstellung über den geplanten „Konzertkristall“ diesen, welche im März 2010 im Pförtnerhäuschen beginnen soll.

Schon im Vorfeld regt sich Widerstand seitens der Bürgerinativen bez. des Ortes der Ausstellung. Die Bürgerinitativen würden die Ausstellung gerne auf einem neutralen Ort angesiedelt haben, nicht jedoch in einem Bauwerk, daß, soll nach Weiterlesen

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